Folgeverordnung

Die rechtlich misslungene Gestaltung des Muster 56 hat Folgen: da das Muster Teil des Bundesmantelvertrages-Ärzte ist und dessen Regelungen nicht nur für die Vertragspartner, sondern auch für die Ärzte gelten und deshalb als Rechtsnormen zu qualifizieren sind (sogenannter Normsetzungsvertrag), führt eine Unvereinbarkeit mit höherrangigem Recht (hier mit dem gesetzlichen Verständnis vom Rehabilitationssport in Gruppen) zur Nichtigkeit des betroffenen Vordruckteils, hier also der Ankreuzmöglichkeit „Folgeverordnung“ (zur Teilnichtigkeit des Bundesmantelvertrages bei Verstoß gegen höherrangiges Recht siehe Urteil des BSG vom 02.04.2014 zum Aktenzeichen B 6 KA 19/13 R). Daraus folgt, dass weder ein gesetztes Kreuz noch das Fehlen eines Kreuzes rechtliche Relevanz besitzen. Insbesondere kann dem Leistungserbringer die Vergütung nicht mit dem Argument verweigert werden, der Arzt habe bei der Ausfüllung dieses Teils des Muster 56 einen Fehler gemacht und der Rehabilitationssportanbieter habe dies erkennen müssen. Bedeutsam ist das vor allem bei solchen Krankenkassen, die auf eine vorherige Genehmigung der Verordnung verzichten. Im Ausgangspunkt gilt die Irrelevanz auch für Fehler in der ärztlichen Begründung bei gesetztem Kreuz. Denkbar ist aber, dass der Text des Arztes die Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit einer weiteren Teilnahme am Rehabilitationssport im Gruppen infrage stellt. Ein Ausfüllen der Leerzeile mit den Worten „Der Versicherte möchte die während der Teilnahme am Rehasport geschlossenen Freundschaften weiter pflegen“ lassen sich jedenfalls nicht ohne weiteres mit den Grundsätzen der medizinischen Rehabilitation in Einklang bringen. Hat die Krankenkasse eine derartige Verordnung gleichwohl genehmigt, stellt sich die Frage, ob der Rehabilitationssportanbieter die Leistung erbringen darf. Gerichtlich entschieden wurden bislang lediglich diejenigen Fälle, in denen eine fehlerhafte ärztliche Verordnung ohne vorherige Genehmigung der Krankenkasse umgesetzt wurde (und im Nachgang die Krankenkasse die Vergütung für die erbrachte Verordnungsleistung verweigerte). Das BSG verlangt in ständiger Rechtsprechung vom Leistungserbringer, die Verordnung „auf aus seiner professionellen Sicht zumutbar erkennbare Fehler, also auf Vollständigkeit und Plausibilität zu überprüfen“ (BSG, Urteil vom 13.09.2011 zum Aktenzeichen B 1 KR 23/10 R). Ein erkennbarer Fehler liegt zum Beispiel vor, wenn Angaben auf dem Muster 56 nicht zueinander passen (zum Beispiel wenn der angegebene ICD-10-Diagnoseschlüssel nicht zu der eingetragenen „Schädigung der Körperfunktionen und Körperstrukturen“ passt). Die Prüfung ist also auf jeden Fall durchzuführen bei Verordnungen für Versicherte solcher Krankenkassen, die auf eine vorherige Genehmigung verzichtet haben. Ob die Prüfungspflicht auch besteht, wenn die Verordnung von der Krankenkasse bereits genehmigt wurde, ist - soweit ersichtlich - gerichtlich noch nicht entschieden. Klar ist aber, dass nicht jede Genehmigung der Krankenkasse rechtlich gilt. Das BSG hat darauf hingewiesen, dass ein Leistungserbringer einer (grundsätzlich möglichen) telefonischen Genehmigung nicht vertrauen darf, wenn mit der Entscheidung über die Genehmigung schwierige Fragestellungen verbunden sind und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Mitarbeiter die Sach- und Rechtslage fundiert geprüft hat (BSG, Urteil vom 20.03.2013 zum Aktenzeichen B 6 KA 27/12 R). Schwierige Fragestellungen mögen mit der Verordnung von Rehabilitationssport nicht verbunden sein und die Genehmigung auf dem Muster 56 ist keine telefonische. Mangels einschlägiger Rechtsprechung muss aber an dieser Stelle aus Vorsichtsgründen dazu geraten werden, auch die von der Krankenkasse genehmigte Rehasportverordnung aus professioneller Sicht auf Vollständigkeit und Plausibilität zu überprüfen und bei Fehlern Rücksprache mit dem Arzt bzw. dem Kostenträger zu halten.

RehaSport Deutschland e.V. März 2024

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